Geschichtserfahrung im Spiegel der Literatur, ed. by Franz-Josef Deiters et al. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2000, 460 pp.
"Geschichtserfahrung im Spiegel der Literatur" – vielleicht ist dies eine Wendung, die zentrale Interessen zusammenführt und bündelt, welche Jürgen Schröders wissenschaftliche Beschäftigung mit der deutschsprachigen Literatur seit Jahrzehnten nachhaltig bestimmen. So stehen sozialer Ort und geschichtliche Selbstverortung des Individuums im Mittelpunkt von Schröders thematischen Publikationen: zu den Deutschland-Gedichten, zum Geschichtsdrama, zum Drama nach 1945, zur ‚Stunde Null‘ in der deutschen Literatur oder zum Problemfeld Literatur als Widerstand. Das Verhältnis von Werk und Zeitgeschichte bildet auch einen wichtigen Orientierungspunkt seiner Auseinandersetzung mit einzelnen Autoren wie Lessing, Goethe, Kleist, Büchner, Benn, Musil, Horváth, Frisch oder Botho Strauß."Geschichtserfahrung im Spiegel der Literatur" – diese Wendung erfaßt aber nicht nur den Themenkreis von Schröders Arbeiten. Fragt man nach seinem Selbstverständnis als Literaturwissenschaftler, so wird ersichtlich, daß sie vor allem auch die Geschichtserfahrung des Lesers und Interpreten mitbezeichnet, der sich in der Literatur, in den Werken und Fragestellungen einzelner Autoren zu spiegeln sucht und – wie auch immer – gespiegelt findet."Geschichtserfahrung im Spiegel der Literatur" – um dieses Thema versammeln sich daher die Beiträge der Festschrift, die zu Ehren Jürgen Schröders, aus Anlaß seines 65. Geburtstages am 3. Mai 2000, veröffentlicht wurde.
Inhalt der Festschrift:
- Cornelia Blasberg / Franz-Josef Deiters: Statt eines Vorwortes
Klaus Schuhmacher: Jürgen Schröder oder das sehende Lesen
Hans Peter Herrmann (Freiburg): Subjekt, Nation und Autorschaft. Zu Ulrich von Huttens Ein Neu Lied (1521)
Marion Schmaus (Tübingen): Das Werden im Vergehen. Die Ästhetisierung der Geschichtsphilosophie bei Herder, Moritz und Hölderlin
Jürgen Brummack (Tübingen): "... daß Handeln die Seele der Welt sei". Über Glück und Moral in Lenz’ Soldaten
Franz-Josef Deiters (Tübingen): "Du bist nur Bild". Die Selbstbegründung des Geschichtsdramas in Goethes Egmont
Bernhard Greiner (Tübingen): Tragödie als Negativ des ‚ästhetischen Zustands‘. Schillers Tragödienkonzept jenseits des ‚Pathetischerhabenen‘ in Maria Stuart
Gerhard Neumann (München): ‚ANEKDOTON‘. Zur Konstruktion von Kleists historischer Novelle
Klaus Schuhmacher (Dresden): Vernichtungsphantasien. Hebbels Orient in der Nachbarschaft von Delacroix und Flaubert
Monika Wenzel (Tübingen): Kein ‚Winkel‘ in der Geschichte. Die trügerische Idylle in Theodor Storms Erzählung Waldwinkel
Klaus Müller-Richter (Tübingen): Felix Saltens / Dr. Emil Mayers Ethnographie des Wurstelpraters. Zur kolonialistischen Strategie eines Intermediums
Egon Schwarz (St. Louis): Szenentechnik und Weltanschauung bei Ferdinand Bruckner
Lutz Winckler (Poitiers): "Stimme ihres stumm gewordenen Volkes". Zum Deutschland-Diskurs des literarischen Exils
Regina Weber (Stuttgart): Richard Alewyns Projekt einer europäischen Barockforschung
Klaus-Detlef Müller (Tübingen): Überlebensgroß – überlebensklein. Zur Darstellung der ‚Großen‘ der Geschichte im Werk Bertolt Brechts
Herrad Heselhaus (Tübingen): "Hi‘ ba’ah el col echad hakore‘ lah". Jehuda Amichai – Arnold Zweig – Jacob Israel de Haan. Intertextualität um Jerusalem
Helmuth Kiesel / Birgit Pape (Heidelberg): Zur Schröder-Hymne ein Kaninchenfell! Die Hymnen-Debatte von 1950–1952 unter besonderer Berücksichtigung von Gottfried Benns Anmerkungen zu Rudolf Alexander Schröders. Entwurf für eine neue deutsche Nationalhymne
Manfred Karnick (Göttingen): Der Ritt über den Bodensee und die Ästhetische Montage. Max Ernst, Eugène Ionesco, Peter Handke
Hans Richter (Jena): Franz Fühmann und sein Simplicius Simplicissimus
Bertram Salzmann (Tübingen): Dichter futsch? Friedrich Dürrenmatts Roman Der Verdacht als Probe auf das Prinzip globaler Verantwortung
Jürgen Wertheimer (Tübingen): "Zerbrochene Gottesvorstellungen". Bildnisverbot und Bildersturm in Ingeborg Bachmanns Das Buch Franza
Christine Renz (Tübingen): Geschichte(n) erzählen im Zeichen von Schnecke und Zweifel. Überlegungen zu Günter Grass’ Aus dem Tagebuch einer Schnecke
Cornelia Blasberg (Tübingen): "Wie Erinnerung wirklich arbeitet". George Taboris Holocaust-Dramatik
Susanne Komfort-Hein (Tübingen): "Der Text bricht ab, und ruhig rotten die Antworten fort". Enzensbergers Mausoleum der Geschichte
Manfred Durzak (Paderborn): Apokalyptische Szenarien und Motive in der deutschen Gegenwartsliteratur. Am Beispiel von Günter Grass’ Die Rättin und Christa Wolfs Störfall
Schriftenverzeichnis von Jürgen Schröder